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Fehlendes Vertrauen in den Sachplanprozess

Medienmitteilung zur Regionalkonferenz Nördlich Lägern vom 17.11.2012

Die Veröffentlichung des internen Nagrapapiers durch die Medien stärkt die Befürchtungen von LoTi und Klar! Züri Unterland, dass das Sachplanverfahren so nicht zu einem möglichst sicheren Atommüllendlager führen wird.

Auch das vom BfE-Direktor Walter Steinemann angekündigte Coaching der Nagra vermag nicht das dringend nötige Vertrauen wieder herzustellen, da das Verfahren in der heutigen Form weder ergebnisoffen, noch transparent ist.

Die Klärung folgender offener Punkte bedarf eine Anpassung der Prozesse innerhalb der Regionalkonferenz:

  • Die ausstehenden Untersuchungsergebnisse des UVEK zu den Vorwürfen der aus dem Beirat Entsorung und der KNS zurückgetretenen Experten Walter Wildi und Marcos Buser.
  • Die noch nicht verfügbaren Ergebnisse der seismischen Untersuchungen und die damit einhergehenden unterschiedlichen Wissensstände in den Regionen.
  • Die unbeantwortete Frage, ob das Lager mit einer Rampe, einem Schacht oder beidem erschlossen werden soll.
  • Die unbeantwortete Frage, ob die radioaktiven Abfälle nicht auch im ZWILAG umgepackt und konditioniert werden können.
  • Die von der Nagra vorgeschlagenen Oberflächenstandorte über Grundwasser.
  • Die Beantwortung weiterer sicherheitstechnischer Fragen, wie die Gasentwicklung, das Rückholungskonzept und die Markierung des Lagers.
  • Der mangelnde Informationsfluss und die unzureichende Vergleichbarkeit der Partizipationsprozesse unter den potentiellen Standortgebieten.
  • Die nicht deutlich wahrnehmbare Leitung des Prozesses durch das BFE.

Um das Vertrauen der Bevölkerung in das laufende Sachplanverfahren wieder herzustellen ist es unerlässlich, dass die Anliegen der Bevölkerung auch berücksichtigt werden. Genau hier sind bis jetzt aber noch keine Anzeichen erkennbar. Darum werden die beiden Organisationen Klar! Züri Unterland und LoTi an der kommenden Regionalkonferenz Anträge stellen, welche zu Ziel haben Transparenz und Ergebnisoffenheit im Sachplanprozess herzustellen.

Anträge

Kontakte:

Lukas Spuhler (+41 76 414 19 00)
Regula Käser (+41 79 505 67 38)

Sonntagszeitung vom 7.10.2012 „Nagra-Strategie: Lagerorte bestimmt?“

In der Sonntagszeitung vom 7.10.2012 wird berichet, dass die Nagra die möglichen Lagerstandorte womöglich schon bestimmt hat.

Vollständiger Bericht von Catherine Boss und Oliver Zihlmann:

Bern Die interne Aktennotiz trägt das Zeichen AN11-711, sie datiert vom 18. November 2011, Titel: «Explorationsplanung». Auf Seite 13 steht der Vermerk «vertraulich». Im Dokument skizziert die Nagra eine Strategie der nächsten Jahre für die Suche nach einem Lagerort für den radioaktiven Abfall. Das 20-seitige, mit Hunderten von Details bestückte Dokument wirft viele Fragen auf.

Zurzeit stehen sechs Standorte zur Auswahl. Sie alle seien für ein Lager geeignet, bestimmten die Nagra und der Bundesrat vor einem Jahr. Jetzt sollen die Gebiete aufwendig untersucht werden, worauf der Bundesrat frühestens 2014 zwei Standorte von der Liste streichen wird. Doch das vertrauliche Papier der Nagra zeigt ein anderes Bild. Unter dem Titel «Rahmenannahmen» nimmt die Nagra in ihrem Szenario den künftigen Beschluss des Bundesrates bereits vorweg. Auf Seite 10 steht: Exploration an 4 Standort-Gebieten, BR Entscheid». BR steht für Bundesratsentscheid. Die vier Standorte werden mit Namen genannt. Es handelt sich um das Gebiet Zürich Nordost, Südranden in Schaffhausen, Jura-Ost mit dem Bözberg und die Region Nördlich Lägern (siehe Grafik). Die beiden Regionen Wellenberg (NW/OW) und Jurasüdfuss (AG/SO) hingegen fehlen, sie kommen im ganzen Dokument mit keinem Wort vor.

Planungsszenario für Lager in Zürich Nordost und Jura-Ost

Trotzdem halten dort örtliche Komitees seit Monaten Sitzungen ab, um mögliche Plätze für Oberflächenanlagen zu diskutieren. Für diese Verfahren werden bis 2016 jährlich pro Standort über eine Million Franken verbraucht – die Aufwendungen der Nagra und der Bundesbehörden nicht eingerechnet. Dies bezahlen die Schweizer mit ihrer Stromrechnung; die Nagra ist von den Energiekonzernen finanziert.

Auf Seite 13, die den Vermerk «vertraulich» trägt, geht es um ein detailliertes Planungsszenario bis zum Bau zweier Lager; eines für hoch radioaktive Abfälle und eines für schwach- und mittelaktiven Atommüll. Das Nagra-Dokument zeigt, dass laut «Bohrprogramm» die Untersuchung der Standorte Nördlich Lägern (AG/ZH) und Südranden (SH) nach ein paar Bohrungen gestoppt werden soll. Auf dem Plan ist dies mit einem Stopp-Zeichen dargestellt. Für den Standort Zürich Nordost soll hingegen nach weiteren Bohrungen ein Rahmenbewilligungsgesuch für ein Lager für hoch radioaktiven Abfall eingereicht werden. Im Jura-Ost (AG) zeigt die Folie ebenfalls ein Bewilligungsgesuch für ein Lager für schwach- und mittelaktive Abfälle.

Völlig überraschend wäre dieses Resultat nicht. Benken im Zürcher Weinland ist das bisher am besten untersuchte Gebiet und gilt unter Geologen als Favorit. Und in der Region Jura-Ost ist kein Widerstand gegen ein Lager erkennbar. Zudem befindet sich in der Nähe das Zwischenlager Würenlingen. Dort lagert zurzeit der Abfall – der Verfrachtungsweg wäre kurz. Das spart Kosten und ist aus Sicherheitsgründen von Vorteil.

Die Nagra erklärt, die Aktennotiz habe keine detaillierte Planung zum Inhalt, sie sei lediglich ein modellhafter Ablauf mit hypothetischen Resultaten. Es gehe um eine Zeit- und Kostenabschätzung. «Konkrete Kosten lassen sich nur anhand von konkreten Szenarien an konkreten Orten ermitteln», schreibt sie. Auch wenn der skizzierte Ablauf theoretisch denkbar sei, seien «selbstverständlich auch ganz andere Szenarien möglich». Die Nagra plante, dieses Dokument den Bundesbehörden und der Öffentlichkeit als reines Modell zu zeigen, also ohne konkrete Namen der Standorte – «um Fehlinterpretationen zu vermeiden». Die SonntagsZeitung stellt das Dokument sowie die Argumente der Nagra ins Internet.

«Es geht um die Identifizierung geeigneter Standorte»

Die SonntagsZeitung hat ferner fünf unabhängige Geologen konsultiert. Sie wollte wissen, ob es sich bei dem Dokument tatsächlich um ein rein hypothetisches Modell zur Kostenabschätzung handelt oder um ein wahrscheinliches Szenario. In diesem Fall wäre die Unvoreingenommenheit der Nagra infrage gestellt.

Die Kostenabschätzung sei kein primäres Ziel dieses Dokuments, meint der deutsche Wissenschaftler Gerhard Schmidt vom Öko-Institut in Darmstadt. «Es geht, soweit ich es sehe, um die Identifizierung geeigneter Standorte und den Ausschluss weniger geeigneter Standorte». Iwan Stössel, im Kanton Schaffhausen zuständiger Geologe für das Dossier Tiefenlager, sagt: «Das Szenario in diesem Dokument scheint genau das abzubilden, wie wir die Nagra in der Realität erleben; der Prozess wird nicht so ergebnisoffen geführt, wie das unserer Ansicht nach sein müsste.» Drei weitere Experten für Explorationen wollten nur anonym eine Analyse abgeben. Das Thema ist für sie ein zu heisses Eisen. Sie sagen:

  • Bei einem Modell nenne man die Standorte üblicherweise nicht mit Namen, sondern mit Platzhaltern wie A, B, C. Durch Benennungen wie ZNO für Zürich Nord werde aus einem Modell ein konkreter Plan.
  • Durch die Tatsache, dass gerade die Bohrplanung als «vertraulich» klassifiziert wurde, dränge sich der Verdacht auf, dass hier eine detaillierte Planung vorliege und die «Stopp»-Zeichen gesetzt wurden, um ein Budget einzuhalten.
  • In Zürich Nordost lägen die bisher detailliertesten Messergebnisse vor. Dass gerade dort ein Tiefenlager geplant sei, erscheine kaum als Zufall.
  • Verständnis für das Vorgehen der Nagra zeigt dieser Wissenschafter: Die im Papier aufgezeichneten «Rahmenannahmen» erachte er als mögliche und wahrscheinliche Annahme für die weitere Planung. «Dies ist ein bei solchen langfristigen und auf vielen Unsicherheiten beruhenden Planungen wohl zweckmässig».

Das Dokument sorgt bereits für Aufruhr. Das Bundesamt für Energie hat in den letzten Tagen vom Strategiepapier Kenntnis erhalten und hat von der Nagra Erklärung verlangt.

Aktennotiz der Nagra

Stellungsnahme der Nagra

Sachplan Nukleare Entsorgung: Ein Experiment

Hochrhein aktiv führt am Donnerstag, 8. November 2012 um 19:30 Uhr in der Gemeindehalle Jestetten eine Veranstaltung mit dem Thema „Sachplan Nukleare Entsorgung: Ein Experiment“ durch.

Referenten sind Prof. Walter Wildi, Geologieprofessor Uni Genf, ehmaliger Präsident der Kommission für die Sicherheit der Kernanlagen in der Schweiz (KNS) und Dr. Stephan Rawyler, Gemeindepräsident Neuhausen am Rheinfall und Präsident der Regionalkonferenz Südranden.

Neuer Tiefenlager-Fahrplan wegen Streit um Aussenanlagen

Der NZZ-Artikel „Neuer Tiefenlager-Fahrplan wegen Streit um Aussenanlagen“ gibt einen Überblick über den aktuellen Stand der Suche für einen Oberflächenstandort. Leider wird in diesem Artikel völlig ausgeblendet, das sich die Fachleute immer noch uneinig sind, ob das unterirdische Lager mit einer Rampe oder einem Schacht erschlossen werden soll und dass die Erschliessung auch einen Einfluss auf die Lage des Oberflächenstandortes hat.

Anhörung zum Entsorgungsprogramm

Die Anhörung zum Entsorgungsprogramm für den Schweizer Atommüll ist heute zu Ende gegangen. Das favorisierte Konzept der Tiefenlager ist noch nicht genügend ausgereift. KLAR! Züri Unterland fordert, dass das Bundesamt für Energie BFE das Konzept, sowie das Entsorgungsprogramm und den Sachplan überarbeitet.

Das vorliegende Entsorgungsprogramm wurde 2008 von der Nagra erstellt. Diesen Freitag, 28. September – also ganze vier Jahre später – endet die Anhörungsfrist der Berichte NTB 08-01 und 08-02 der Nagra. Ziel des Entsorgungsprogramms ist es, die nötigen Schritte auf dem Weg zu einem Tiefenlager festzulegen.

Konzept der Tiefenlagerung ungenügend

Dass eine Lösung für den Atommüll gefunden werden muss, ist sich KLAR! Züri Unterland bewusst. Das jetzige Entsorgungsprogramm lässt noch viele technische Fragen offen und die Frage der Langzeitsicherheit ist nicht angemessen berücksichtigt. Die langen Zeiträume, über die man bei radioaktivem Material sprechen muss, sind für die Sicherheit von Mensch und Umwelt von zentraler Bedeutung.

Das Entsorgungsprogramm weisst Mängel auf

Trotz der grundsätzlichen Kritik am Tiefenlagerkonzept beteiligen wir uns am ganzen Prozess im Sinn von konstruktiver Mitarbeit, um eine sicher Lösung zu finden. KLAR! Züri Unterland weist auf erhebliche Mängel im Entsorgungsprogramm der Nagra und dem aktuellen Verfahren hin:

  • Die Kritik am Sachplanverfahren wird nicht aufgenommen. In diesem Zusammenhang verweisen wir auf den Rücktritt von Experten wie Marcos Buser und Walter Wildi aus eben diesem Grund.
  • Das Verfahren erfolgt nicht nach dem Sicherheitsprimat: zum Beispiel sind die verschiedenen potenziellen Standorte nicht auf dem gleichen geologischen Wissensstand.

KLAR! Züri Unterland fordert das Bundesamt für Energie BFE auf, das Konzept, sowie das Entsorgungsprogramm und den Sachplan zu überarbeiten, um ein möglichst sicheres Lager planen zu können.

Die ausführliche Stellungnahme, die in Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Energiestiftung erarbeitet wurde, finden Sie hier.

Zürcher Regierungsrat fordert Neubewertung der Standortkriterien

Der Zürcher Regierungsrat lehnt die durch die Nagra vorgeschlagenen Lagerstandorte für die Oberflächenanlagen eines zukünftigen Atommülllagers ab. Dies aus folgenden Gründen:

  • Aus Sicherheitsgründen soll zuerst der Lagerstandort im Untergrund festgelegt werden und anhand des sichersten Weges zur Oberfläche der Oberflächenstandort bestimmt werden.
  • Fünf der sechs vorgeschlagenen Standorte liegen über besonders geschützten Gewässerschutzbereichen
  • Die Auswahlkriteren sollen neu bestimmt und gewichtet werden

Link zur Mediemitteilung des Kantons Zürich …

Regierungsratsbeschluss …

Bulletin Standpunkt des Kantons Zürich …

AG Sicherheit Kantone erachtet Einengung der Standorte als verfrüht

Die AG Sicherheit Kantone analysierte zusammen mit der sie unterstützenden Kantonalen Expertengruppe Sicherheit (AG SiKa/KES) im Auftrag des Ausschusses der Kantone (AdK) die im Januar 2012 vorgestellten Vorschläge der Nagra für mögliche Oberflächenanlagen. Sie erachtet die Einengung der Standortareale durch die Nagra als verfrüht und zu restriktiv für den weiteren Sachplanprozess. Diese Einengung erfolgte nach Meinung der Arbeitsgruppe zu sehr nach raumplanerischen, sozioökonomischen und bautechnischen Überlegungen, aber ohne ausreichende Berücksichtigung des weiteren geologischen und hydrogeologischen Umfelds. Es darf nach ihrer Auffassung nicht sein, dass an der Oberfläche Vorgaben geschaffen werden, welche die Tiefenplanung des Lagers und das Lagerkonzept beeinflussen. Die AG SiKa/KES empfiehlt dem Ausschuss der Kantone, beim Bundesamt für Energie (BFE) als verfahrensleitender Behörde auf zweierlei hinzuwirken: erstens, dass die Nagra als Projektantin eine Neugewichtung der Kriterien für die Evaluation von Standortarealen für Oberflächenanlagen vornimmt und, zweitens, dass die sicherheitsgerichtete Konzeption der Lagerperimeter und deren Erschliessung von der Oberfläche aus nicht unnötig vorzeitig eingeschränkt wird. – In der Folge hat das BFE die Nagra, die möglichen Standortkantone und Standortregionen zu einem Runden Tisch eingeladen, wo die Neugewichtung einzelner Kriterien diskutiert wird.

Hier zum Fachbericht …

Eklat in Atom-Kommission

Geologe Marcos Buser tritt unter Protest aus Expertengruppe aus

Bern Der Geologe und Spezialist für nukleare Abfälle, Marcos Buser, tritt aus Protest aus einer wichtigen Expertengruppe des Bundesrats zurück. Er kritisiert das Bundesamt für Energie und das Nuklearinspektorat (Ensi), sie würden Einwände unabhängiger Experten am Vorgehen bei der Suche nach einem Tiefenlager ignorieren, das Bundesamt handle nach dem Diktat der Nationalen Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) und sei deshalb nicht unabhängig (siehe Interview unten). Buser hat Energieministerin Doris Leuthard bereits brieflich über seinen Rücktritt und die Gründe, die zu diesem Schritt führten, informiert.

Departement Leuthard will den Rücktrittsgründen nachgehen

Dies ist das erste Mal, dass ein Experte aus dem Innern des Apparats öffentlich Kritik äussert. Die Kommission für nukleare Sicherheit setzt sich aus Experten zusammen, die den Bundesrat in Fragen, die Atommüll betreffen, beraten.

Nuklearspezialisten sind rar in der Schweiz – Buser gilt als einer der wenigen unabhängigen Geologen in diesem Fachbereich. Er ist Präsident der Überwachungskommission für das Internationale Forschungslaboratorium Mont Terri im Jura, an dem neben der Schweiz auch Frankreich, Deutschland und die USA beteiligt sind. Im Felslabor wird zu Forschungszwecken Gestein auf die Eignung für ein Tiefenlager untersucht.

Das Departement Leuthard bestätigt den Erhalt des Rücktrittsschreibens. «Wir werden den Rücktrittsgründen und den Fragen, die sich in diesem Zusammenhang stellen, nachgehen», sagt Sprecherin Annetta Bundi, die Arbeit der KNS sei wichtig. Die Nagra will sich nicht äussern.

Am Mittwoch wird der Bundesrat voraussichtlich über eine bessere Entschädigung der KNS-Mitglieder befinden.

Bericht in der Sonntagszeitung vom 24. Juni 2012 von Catherine Boss.